[fli4l] Gewitterschaden durch Überspannung / Wie schützen?
Marcel Müller
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Fr Jun 29 23:49:53 CEST 2012
Hallo,
On 29.06.2012 21:58, Artur Kawa wrote:
> folgendes ist mir heute Passiert. Ein Blitzeinschlag ca. 50-100 m
> entfernt, verursachte scheinbar in den Telefonleitungen eine
> Überspannung.
jein, aber egal ...
> Nur natürlich die Telefonleitung nicht, weil ein solcher Schutz
> die DSL-Signale ausfiltern würde (war zumindest früher so).
Tut er nicht. Varistoren und Gasableiter beeinträchtigen DSL nicht. Aber
sie lösen das Problem auch nur bedingt.
> Dem Splitter hat die Überspannung scheinbar nichts angetan.
> Der hinter dem Splitter hängenden ISDN-Telefonanlage auch
> nichts, obwohl sie ungeschützt ist.
Das ist üblich. ISDN-Equipment ist meist außerordentlich robust.
Außerdem war die Störung mutmaßlich Common Mode, so dass der
Faraday-Effekt die Geräte geschützt hat.
> Dafür hat es mein Thomson SpeedTouch Modem erledigt.
> Und natürlich die Netzwerkschnittstelle am Router, wo das
> Modem dran hängt. Diese war auf der Hauptplatine.
Jetzt kommen wir zum eigentlichen Problem: vermaschter Potentialausgleich.
Die Netzwerkverkabelung ist mutmaßlich nicht korrekt, so wie in 99%
aller Privathaushalte. Netzwerkkabel dürfen eigentlich nur auf einer
Seite geerdet werden. Jetzt weißt Du warum.
> Aber damit das nicht wieder passiert:
>
> Gibt es einen Überspannungsschutz, den ich in die
> Telekom-Leitung einschleifen kann, so dass die DSL-Signale
> nicht damit herausgefiltert werden?
Nein.
Ich wäre mir noch nicht einmal ganz sicher, ob es wirklich die
Telefonleitung war. Je nach Topologie der Hausverkabelung reicht alleine
der EMP des Blitzes, ohne jede Verbindung nach draußen. Aber in
Anbetracht der Defekte könnte es schon die Telefonleitung gewesen sein.
Aber wie gesagt Common Mode. Das bedeutet, dass beide Leitungen des
Telefons gleichzeitig in der Spannung hoch gehen und die
Differenzspannung keine allzugroßen Werte angenommen hat.
Du kannst zwar einen Überspannungsschutz einbauen - das mag die Telekom
nicht so gern, weil dann ihr Equipment stärker belastet wird - aber
letztlich Lösen tut das das Problem nicht. Nur vielleicht ein wenig
entschärfen.
Wenn Strom, Kabel TV und Telefon nicht an der selben Stelle des Hauses
herein kommen oder aber keine Potentialausgleichsschiene in der Nähe
ist, gibt es dennoch heftige Potentialunterschiede.
> Oder kann ich nur, so wie früher, nur die Leitung zwischen
> DSL-Modem und Router-Netzwerkschnittstelle schützen, so
> wie ich es hätte eigentlich tun sollen?
Das schon eher.
Also die Netzwerkkabel dürfen auf keinen Fall eine leitende
Masseverbindung zwischen allen Geräten über den Schirm des Kabels
herstellen. Die darüber fließenden Ausgleichsströme sind ein Problem.
Die einfachste Lösung ist die Verwendung eines UTP-Kabels für die
Verbindung vom Router zum Switch oder zu den PCs. Es muss aber wirklich
UTP sein und nicht S/UTP oder so ein Kram. Für GBit LAN ist das
allerdings nicht erste Wahl. Wohl dem der kein
Super-Duper-Multifunktionsgerät hat, denn für Internet reichen 100 MBit
noch dicke.
Ganz schützen tut das allerdings auch nicht, denn die Kapazitive
Kopplung der Ports kann bei schnellen Common-Mode-Störungen immer noch
Ausgleichssströme erzeugen, die die Ports ins jenseits befördern.
Außerdem sind UTP Kabel in D eher schlecht zu bekommen (in USA ist es
umgekehrt).
Hier setzten dann die bereits erwähnten Schutzmechanismen von Steckdosen
an, die zusätzlich auch Netzwerk oder ISDN-Ports mit schützen. Aber
Vorsicht! Die Wirksamkeit des Schutzes basiert allen voran darauf, dass
alle Zuleitungen auf einen /gemeinsamen/ Potentialausgleich geführt
werden. Dadurch werden Differenzspannungen sehr effektiv verhindert.
Rennt auch nur einen Leitung daran vorbei, sei es ein Audio-Kabel zur
Stereo, ist der Schutz stark beeinträchtigt oder kann in Extremfällen
sogar kontraproduktiv werden.
Ein anderer, Ansatz ist es, die Telefon/DSL Verkabelung über WLAN
vollständig vom Heimnetzwerk zu trennen. Das ist ein sehr effektiver
Schutz. Allerdings gilt auch hier, die Bandbreite reicht nur für DSL.
Dabei bitte auch berücksichtigen, dass 100 MBit WLAN vielleicht
äquivalent zu 25 MBit Festnetz sind.
Wer eine größere Hausnetz-Verkabelung über mehrere Stockwerke hat, kann
auch dezentrale Switches nutzen, die über einen Glasfaser-Backbone
verbunden sind. GBit-Switches mit einem oder maximal 2 Glas-Ports sind
mittlerweile ziemlich bezahlbar geworden. Der Stand-By-Verbrauch ist
allerdings für den Hausgebrauch nicht ohne.
Marcel
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